"Erst will ich mich bestreben, Mensch zu sein; der Wahrheit ein Zeuge, dem Mitmenschen ein Bruder" (Adolph Kolping, 1837). Dieses Zitat Adolph Kolpings zeigt sehr deutlich, wie er in Abgrenzung zu seinen priesterlichen Mitbrüdern sein Leben als Christ und seinen Dienst als Priester verstand. Er wollte nicht abgehoben jenseits der Realitäten als Priester sich ausschließlich der Liturgie widmen, sondern ganz nahe bei den Menschen die Diakonie als weiteren wesentlichen Auftrag des Christentums deutlich machen. Nicht selten musste er damals gegen den Strom der kirchlichen Tradition und der landläufigen Meinung schwimmen und machte sich damit häufig unbeliebt. Von der Richtigkeit seiner Ideen und Visionen überzeugt, blieb er aber hartnäckig und stellte immer wieder die Menschen; ihre "Sorgen und Nöte" in den Mittelpunkt und wies die Verantwortlichen seiner Zeit darauf hin, die Wirklichkeiten in Kirche und Welt wahrzunehmen, "der Wahrheit Zeuge zu sein", um dann den Menschen zur Seite zu stehen und wo immer möglich, zu helfen.
Adolph Kolping folgt hier nicht mehr und nicht weniger dem Vorbild Jesu Christi, der ebenfalls nicht selten die Machtstrukturen; ungerechte Vorschriften und Gesetze seiner Zeit kritisierte, um auf das Wesentliche; das hinter den Geboten Stehende aufmerksam zu machen und zu verdeutlichen, dass immer der Mensch im Mittelpunkt stehen muss; nicht ein Gesetz.
Bei Antoine de Saint-Exupery können wir lesen "Man sieht nur mit dem Herzen gut". Es sollte nicht darum gehen, dass wir Menschen uns hinter selbstgemachten Gesetzen und Satzungen verschanzen und hinter diesem Bollwerk von Vorschriften den eigentlichen Auftrag Gottes nicht mehr wahrnehmen. Das Evangelium von Gottes entgegenkommender Liebe zeigt immer wieder neu die Möglichkeiten; den Horizont, in dem schöpferische Lösungen für die Herausforderungen unserer Tage zu suchen und zu finden sind. Wenn es darum geht "der Wahrheit ein Zeuge zu sein", gilt auch für uns, die Wirklichkeiten der Zeit wahr und ernst zu nehmen, um nach dem Vorbild Jesu Christi und Adolph Kolpings, Missstände deutlich zu benennen und wo immer es uns möglich ist, auch Lösungen anzubieten. So können wir als Menschen unseren Mitmenschen Bruder und Schwester sein.
Allen hier in Wallenhorst;
eine gute, gesunde Zeit und Gottes Segen.
Für die Kolpingsfamilie Hollage
Diakon Rainer Hatke
