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Hart aber fair – angeregte Diskussion zur Kommunalwahl

Diskutierten über die Wallenhorster Kommunalpolitik in den kommenden fünf Jahren (von links): Christian Nobis (Piraten), Alfons Börger (WWG), Dirk Hagen (CDW), NOZ-Redakteurin Sandra Dorn, Manfred Hörnschemeyer (FDP), Guido Pott (SPD), Arnulf Nüßlein (Grüne), Michael Riemann (Linke) und Clemens Lammerskitten (CDU).
Diskutierten über die Wallenhorster Kommunalpolitik in den kommenden fünf Jahren (von links): Christian Nobis (Piraten), Alfons Börger (WWG), Dirk Hagen (CDW), NOZ-Redakteurin Sandra Dorn, Manfred Hörnschemeyer (FDP), Guido Pott (SPD), Arnulf Nüßlein (Grüne), Michael Riemann (Linke) und Clemens Lammerskitten (CDU).

Interessant, etwas anders und informativ sollte sie werden: die Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl am Donnerstag (1. September), zu der die Kolpingsfamilie Hollage in Kooperation mit der Neuen Osnabrücker Zeitung eingeladen hatte. Das kündigte Bernhard Kaiser als Sachgebietsleiter Gesellschaft und Politik der Kolpingsfamilie den gut 150 Gästen im Saal Barlag zur Einstimmung an.

So diskutierte Lokalredakteurin Sandra Dorn dann auch hart aber fair mit den acht Vertretern der zur Wahl stehenden Parteien und Wählergruppen – Clemens Lammerskitten (CDU), Guido Pott (SPD), Alfons Börger (Wallenhorster Wählergemeinschaft), Arnulf Nüßlein (Die Grünen), Dirk Hagen (CDW/W), Michael Riemann (Die Linke), Manfred Hörnschemeyer (FDP) und Christian Nobis (Piratenpartei) – unter anderem über die „Neue Mitte Wallenhorst“, die Entwicklung im Hollager Ortskern und die Zukunft der Hollager Mühle.

Los ging es zunächst mit einer Vorstellung der Kandidaten, die diese selbst übernehmen durften – und zwar paarweise gegenseitig. „Da Sie im Rat später miteinander auskommen müssen, stellen Sie sich bitte selbst gegenseitig vor“, so Sandra Dorn mit einem kleinen Wink auf die in der Vergangenheit nicht immer harmonische Atmosphäre im Wallenhorster Ratssaal. Die Aufgabe meisterten die Kandidaten recht ordentlich, egal ob „altgedient“ oder „Newcomer“.

Neue Mitte Wallenhorst

Inhaltlich startete die Moderatorin mit dem Wahlkampfthema Nummer eins, der Neuen Mitte. Hier forderte sie den Kandidaten gleich zu Beginn ein klares Bekenntnis ab: „Werden Sie das Ergebnis der Bürgerbefragung umsetzen, egal wie es ausfällt – Ja oder Nein?“ Zum Thema Neue Mitte sollte dies die einzige Frage bleiben, die alle Diskutanten mit „Ja“ beantworteten.

Nach einem „Plan B im Falle eines ‚Nein‘ der Bürger“ gefragt, antwortete Arnulf Nüßlein, dass es wohl erstmal einen Stillstand geben würde und Rechtsfragen geklärt werden müssten. Clemens Lammerskitten erklärte: „Ich gehe davon aus, dass wir uns künftig Gedanken machen müssen.“ Es müsse ein Prozess angestoßen werden, in dem sich alle Gedanken machen müssten. „Wir werden ein tolles Konzept entwickeln“, so Lammerskitten weiter. Darin sollten Lidl und dm ebenso eine Rolle spielen wie weitere Gewerbeeinheiten und Wohnen, aber auch eine Tiefgarage. Investoren, die ihr Interesse am Wallenhorster Zentrum bekundet hätten, hätten sich bereits bei ihm gemeldet. Guido Pott entgegnete, dass es darum gehe, dass das Zentrum in Wallenhorst in der heutigen Form nicht überlebensfähig sei. Bereits 2001 habe der damalige Erste Gemeinderat Torsten Wächter alle Interessenvertreter zusammengerufen, um sich gemeinsam Gedanken zu machen. Bis 2013 seien sich auch alle einige gewesen, dass es nur mit Magneten wie Lidl und dm funktionieren würde. Es gehe um zusätzliche Kundenfrequenz, die die bestehen Geschäfte dringend bräuchten. „Ich glaube, es gibt keinen Plan B, den wir in fünf oder sechs Jahren umsetzen könnten“, so Pott.

Michael Riemann merkte an, dass die Bürger hier teils schon weiter wären als die Ratsmitglieder. So würden in verschiedenen Onlineforen ein Mehrgenerationenplatz, schöne Gastronomieangebote und alternative Wohnformen als Wünsche für die Grüne Wiese diskutiert. „Es gibt genug Ideen der Bürger, man muss sie nur aufgreifen“. Für die Piratenpartei hob Christian Nobis hervor, dass man einen Plan B im Falle eines „Nein“ bei der Bürgerbefragung offen angehen müsse. An Plan A störe ihn nicht unbedingt der Inhalt, sondern die „Friss oder stirb“-Mentalität, mit der er den Bürgern serviert würde. Man müsse in einen Dialog mit allen Beteiligten eintreten: „Alle Bürger müssen von A bis Z die Chance haben, inhaltlich mit einzusteigen.“

Dirk Hagen stellte fest, dass es mit der Neuen Mitte ein funktionierendes – durch Gutachten gestütztes – Konzept gebe, dass der Rat auf den Weg gebracht habe. Wenn es einen Plan B geben müsse, brauche Wallenhorst Einigkeit und Verlässlichkeit untereinander. Manfred Hörnschemeyer sagte, dass die FDP im neuen Rat mitarbeiten würde, egal wie die Bürger zur Neuen Mitte abstimmen würden. Problem des Konzeptes seien für ihn offene Fragen wie die des Verkehrsflusses. Persönlich sei er gegen die Neue Mitte.

Ortskern Hollage

Nach lebhafter Diskussion zum Ortszentrum in Wallenhorst leitete Sandra Dorn zum Ortskern in Hollage über: „Was soll hier in den nächsten fünf Jahren geschehen?“ Die Befürchtung einiger Gäste, die im Vorfeld Fragen eingereicht und angemerkt hatten, dass Hollage im Gegensatz zu Alt-Wallenhorst vernachlässigt werde, konnten die Kandidaten nur zurückweisen. In Hollage habe sich in den vergangenen Jahren unter anderem mit den neuen Baugebieten, dem Erich-Kästner-Platz und dem begonnenen Neubau der Trainingshalle viel getan. Die Ortskernsanierung an sich sei seinerzeit nicht an der Politik sondern an der nicht vorhandenen Mitwirkungsbereitschaft privater Flächeneigentümer gescheitert. Dennoch müsse etwas geschehen, waren sich alle einig. „Die Pläne sind fertig, ein neuer Anlauf ist nötig“, sagte Guido Pott. Manfred Hörnschemeyer betonte, dass man die Pläne nicht aus der Schublade holen und dann mit den Eigentümern reden solle, sondern erst mit den Eigentümern sprechen müsse und dann die Pläne gegebenenfalls überarbeiten müsse.

Clemens Lammerkitten erläuterte, dass die Gemeinde Wallenhorst inzwischen über das Integrierte Ländliche Entwicklungskonzept höhere Zuschüsse für eine Ortskernsanierung erhalten könne. Dafür müsse für Hollage ein Dorferneuerungsprogramm aufgelegt werden. Mehr Zuschüsse würden schließlich eine geringere Beteiligung der Anlieger bedeuten, sodass man hierüber mit den Flächeneigentümern vielleicht doch noch eine Einigung erzielen könne. Wichtig für Hollage sei auch der Radweg entlang der L109 nach Halen. Hier seien die Planungen dank des guten Netzwerks von CDU und SPD in Kommunen, Kreis und Land recht weit fortgeschritten.

Große Koalition?

Diese Aussage veranlasste Moderatorin Sandra Dorn spontan und zur Erheiterung des Publikums zu einer Zwischenfrage: „Wenn Sie da so gut zusammenarbeiten, wie wäre es dann mit einer großen Koalition im neuen Rat?“ Die CDU sei generell gesprächsbereit, entgegnete Lammerskitten. Guido Pott hingegen könne sich persönlich aufgrund der Geschehnisse der vergangenen Jahre eine große Koalition nicht vorstellen.

Hollager Mühle

Ein klares „Ja“ von allen Seiten gab es auch zum Erhalt der Jugendfreizeitstätte Hollager Mühle, die nach einem Auszug der aktuell dort untergebrachten Flüchtlinge wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt werden solle. Dennoch müsse man genau hinschauen, wie und wo man optimieren könne. Da die Hauptkunden der Hollager Mühle Grundschulen seien, in denen heutzutage inklusiver Unterricht stattfinde, müsse auch die Mühle barrierefrei werden, regten Michael Riemann und Clemens Lammerskitten ebenso an wie eine Erweiterung des Zeltplatzes mit Nutzung als Campingplatz. Auch die Grünen stehen zur Mühle, aber – „Lokalpatriotismus in allen Ehren“ – es müsse genau hingeschaut werden, so Arnulf Nüßlein. Ein gutes Management müsse die Kunden herholen. Darauf müsse die Politik achten und den Finger in die Wunde legen. Guido Pott betonte, dass die Mühle wie die Kirche, die Ziegelei und der Kanal in der „DNA von Hollage“ verankert sei und einen Mehrwert für den Ort und die Hollager selbst darstelle. Einen inklusiven Umbau könne er sich durchaus vorstellen, eine Erweiterung um einen Campingplatz lehne die SPD jedoch ab.

Schluss-Statements

„Was hebt Ihre Partei von den anderen ab?“, wollte Sandra Dorn zum Abschluss wissen und ließ den Kandidaten für die Antwort nur 60 Sekunden Zeit. Arnulf Nüßlein betonte den Einsatz für die Umwelt in allen Bereichen. Manfred Hörnschemeyer erklärte: „Wir können völlig unvoreingenommen in die nächste Ratsperiode gehen und mit allen sprechen, ohne vorher Streitigkeiten gehabt zu haben.“ Clemens Lammerskitten nannte den Einsatz für ein neues Zentrumskonzept unter Mitwirkung der Einzelhändler und den Einsatz der CDU für die Wirtschaft. Michael Riemann sagte, er sei die Stimme für Behinderte, Barrierefreiheit und Inklusion. Alfons Börger hob hervor, dass die Wählergemeinschaft keine Partei sei, sondern ein Verein von engagieren Bürgern für die Bürger. Dirk Hagen erklärte, die CDW wolle im Rat auf sachlicher Ebene miteinander reden und habe viele neue Ideen, beispielsweise im Bereich Wohnen im Alter. Guido Pott stellte heraus, dass die SPD mit 40 Kandidatinnen und Kandidaten aller Generationen antrete und sich für den Erhalt der guten Standards sowie für die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege einsetzen wolle. Und er versprach, dass „wir auch bei kontroversen Diskussionen den Ratssaal nicht verlassen werden“. Christian Nobis betonte, dass die Piratenpartei komplett auf dem Ehrenamt aufgebaut sei und sie das Ehrenamt unterstützen werde. Sie würden den Blick nach vorn richten und sich „maximal in der Sache streiten“.

Zu guter Letzt

„Von Frank Plasberg inspiriert“ stelle Sandra Dorn noch eine abschließende Frage: „Wenn die Neue Mitte eröffnet werden sollte, mit wem aus dieser Runde würden Sie dort gern einen Kaffee trinken gehen?“ Top-Antwort von Guido Pott: „Mit Ihnen – weil Sie so gut moderiert haben!“ Dem hatte auch Heiner Placke nichts hinzuzufügen. Der Vorsitzende der Kolpingsfamilie Hollage bedankte sich herzlich bei Sandra Dorn und überreichte ihr Blumen und die letzten zwei Eintrittskarten für das inzwischen ausverkaufte Hollager Oktoberfest.